Naja, du kennst ja viel­leicht die­ses geflü­gel­te Wort der „Lebens­schu­le“ und das stimmt mehr, als einem mög­li­cher­wei­se in all­täg­li­chen Situa­tio­nen so bewusst ist. Heut­zu­ta­ge liegt so eine gro­ße Beto­nung auf Aus­bil­dung und dar­un­ter wird zumeist die schu­li­sche oder beruf­li­che Aus­bil­dung verstanden:

Man lernt etwas, macht eine Prü­fung und kann dann – zumin­dest einen Teil des Wis­sens – im spä­te­ren Leben anwen­den. Dar­an ist ja auch nichts ver­kehrt, doch lei­der wur­de uns kol­lek­tiv die­se Art und Wei­se des Wis­sens­er­werbs der­ma­ßen ver­gällt, dass sich die Kon­se­quen­zen dar­aus im rest­li­chen Leben beglei­ten und – ich sage es jetzt ein­mal so krass: dominieren!

Wir haben kaum mehr Übung dar­in, wie Ler­nen eigent­lich natür­li­cher­wei­se statt­fin­den könn­te und auch soll­te. Selbst, wenn sich Men­schen auf einen soge­nann­ten „spi­ri­tu­el­len Weg“ machen, tun sie das in den meis­ten Fäl­len in genau die­ser Weise:

Sie über­neh­men frem­des Wis­sen und wen­den dies dann mehr oder weni­ger erfolg­reich im wei­te­ren Lebens­ver­lauf an. Im ungüns­tigs­ten Fall müs­sen sie sogar eine Prü­fung in der spi­ri­tu­el­len Lern­an­stalt able­gen und dabei bewei­sen, dass sie den Wis­sens­in­halt repro­du­zie­ren können.

Doch wie ist die Schu­le des Lebens eigent­lich gedacht?

An Kin­dern kön­nen wir das recht gut beob­ach­ten. Also – an Kin­dern, die noch nicht zu sehr ver­bo­gen wur­den. Denn ursprüng­li­che, undo­mes­ti­zier­te Kin­der ler­nen, indem sie mit allen Sin­nen ihre urei­gens­ten Erfah­run­gen machen und dar­aus intui­ti­ve Erkennt­nis­se zie­hen, die sie dann als klei­ne Men­schen mehr und mehr aus­bil­den. Sie kom­men dabei in man­chen Fäl­len zu den glei­chen Erfah­run­gen, wie vie­le ande­re klei­ne Mensch­lein vor ihnen; zum Bei­spiel bei hei­ßen Herdplatten.

Und doch sind es nie­mals die­sel­ben Erfah­run­gen und vor allem sind es die urei­gens­ten Erfah­run­gen, die in die­ser Her­an­ge­hens­wei­se eben nicht zu blo­ßem Kopf­wis­sen wer­den, son­dern zu tie­fen Erfah­run­gen, die ihre Intui­tio­nen stär­ken und nicht zu einem ange­pass­ten, dis­zi­pli­nier­ten Ver­hal­ten führen.

Um noch kurz bei den Kin­dern zu blei­ben: Was ist nun also unse­re Auf­ga­be als beglei­ten­den Erwach­se­nen? Klar, man­che Din­ge kann und soll­te man Kin­dern sicher­lich auch „bei­brin­gen“, doch die aller­meis­ten Erfah­run­gen wer­den holis­ti­scher dadurch erlangt, dass Kin­der die­se in ihrer eige­nen Wei­se zum von ihnen gewähl­ten Zeit­punkt machen.

Unse­re Auf­ga­be als soge­nann­te „Erwach­se­ne“ ist damit also klar: Kin­dern mög­lichst vie­le Erfah­rungs­räu­me ermög­li­chen und sie dar­in lie­be­voll beglei­ten, sodass sie nur die Feh­ler aus­las­sen, die blei­ben­den Scha­den anrich­ten wür­den. Die­je­ni­gen Feh­ler, die kei­nen grö­ße­ren Scha­den anrich­ten, sind eben genau Teil des wert­vol­len Erfah­rungs­rau­mes, den wir Kin­dern nicht ver­schlie­ßen dürfen.

Und das­sel­be gilt eben auch für uns selbst.

Der Feind unse­res per­sön­li­chen Wachs­tums ist die­ses gesell­schaft­lich antrai­nier­te Sicher­heits­den­ken. Es tötet die Expe­ri­men­tier­freu­de und ver­schließt uns unge­wis­se und erfah­rungs­rei­che Räu­me, die uns wach­sen las­sen wür­den. Es hält uns fern von der Schu­le des Lebens.

Nach mei­ner per­sön­li­chen Über­zeu­gung geht es im Leben nicht dar­um, dass wir mög­lichst unge­scho­ren durch­kom­men, son­dern dar­um, dass wir dar­in mög­lichst viel­fäl­ti­ge Erfah­run­gen machen, die uns wach­sen las­sen. Nicht in unse­rem Wis­sen, denn das ist vergänglich!

Son­dern in unse­ren inne­ren Erfah­rungs­räu­men, auf dass wir in mehr inne­rer Grö­ße die­se Erde ver­las­sen, als dass wir sie betre­ten haben. Wür­de­vol­ler, humor­vol­ler, ver­trau­ens­vol­ler und hingebungsvoller.

Und in genau die­ser Wei­se ver­ste­he ich auch bei­spiels­wei­se Tan­tra. Für mich ist Tan­tra kein Set von Ver­hal­tens­vor­ga­ben, die man aus­wen­dig ler­nen soll­te. Es ist für mich ein Erfah­rungs­raum, indem ich mich mög­lichst angst­frei aus­pro­bie­ren möch­te und darf. Wenn man also Tan­tra defi­niert als einen Erfah­rungs- und Expe­ri­men­tie­r­ebe­ne, die alle Ebe­nen – auch die körperlich/sexuelle Ebe­ne – mit ein­be­zieht, dann hat man einen guten Aus­gangs­punkt, um einen wahr­haft tan­tri­schen Weg zu beschreiten.

Und doch gibt es etwas, was ich mir für mei­ne Lebens­schu­le von der klas­si­schen Schu­le abschau­en kann.

Wie wer­de ich denn ein guter Schü­ler? Wel­ches „Ver­hal­ten“ zeich­net denn einen Mus­ter­schü­ler, einen Stre­ber aus? Also einem Men­schen, der wirk­lich inten­siv nach Wis­sen strebt?

Nun, ein Stre­ber sitzt in der ers­ten Rei­he, passt gut auf und macht sei­ne Hausaufgaben.

Was bedeu­tet das denn für einen „Stre­ber“ in der Lebens­schu­le? Auch nichts ande­res, denn wenn ein Mensch wirk­lich ernst­haft die Schu­le des Lebens besu­chen möch­te und nach Wachs­tum und inne­rer Erkennt­nis strebt, soll­te er es genau­so machen:

  • In der ers­ten Rei­he sitzen
  • Gut auf­pas­sen
  • Haus­auf­ga­ben machen

Was heißt das? Naja, in der ers­ten Rei­he sit­zen ist eben genau das, was ich oben schon beschrie­ben habe. Es ist die Bereit­schaft wie­der expe­ri­men­tier­freu­di­ger zu wer­den und sich auf neue Erfah­rungs­räu­me ein­zu­las­sen. Über­haupt die Lebens­schu­le zu betre­ten und sich (in der ers­ten Rei­he sit­zend) inten­siv auf die Erfah­run­gen einzulassen.

Gut auf­pas­sen ist dabei eben eine gewis­se Wach­sam­keit. Sich dem erle­ben, füh­len und erfah­ren zu öff­nen. Sich selbst wahr­neh­men und aber auch die ande­ren Men­schen. Sich selbst füh­len und aber auch Mit­ge­fühl mit den ande­ren Men­schen haben. Ein­fach mit allen Sin­nen erle­ben und erfahren.

Und Haus­auf­ga­ben machen? Das ist gar nicht so leicht zu beschrei­ben, denn es ist mehr, als nur nach­spü­ren und nach­ver­ar­bei­ten. Klar, das ist die Grund­la­ge, dass man in weni­ger inten­si­ven Zei­ten nach­fühlt und inte­griert. Doch es ist viel mehr als das und führt auch weit dar­über hin­aus und ermög­licht sogar über­haupt erst das inne­re, authen­ti­sche Wachstum.

Und genau das ist jetzt der Punkt, wo es jetzt um den eige­nen Weg schon geht, denn wie das mit den Haus­auf­ga­ben in der Schu­le des Lebens funk­tio­niert ist nichts, was du von ande­ren Men­schen ler­nen oder abschau­en könn­test. Es ergibt sich aus­schließ­lich aus den bei­den ers­ten Punk­ten und formt sich dann in dei­ner indi­vi­du­el­len Wei­se aus – oder eben nicht.

Nie­mand zwingt dich dazu, die Schu­le des Lebens zu besu­chen und sie kann auch nur dann für dich wert­voll sein, wenn du sie aus dei­nem eige­nen inne­ren Wunsch betrittst. Nur dann – und dann aber ganz sicher – wird sie dir hel­fen mehr zu wer­den, freud­vol­ler zu wer­den, lie­be­vol­ler und humor­vol­ler und erfüll­ter als jemals zuvor in dei­nem Leben und jedem dei­ner Leben zuvor.

Ich wün­sche dir eine gute Reise.

Alles Lie­be,

4 Kommentare zu „Die Schu­le des Lebens“

  1. Das ein­zi­ge was wir beein­flus­sen kön­nen sind Klei­nig­kei­ten aber wenn der Ball im Spiel ist dann muss man in Lau­fen lassen

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